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Heut gehn wir morgen erst ins Bett

Anne Simmering
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SOLO MIT MUSIK
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HEUT' GEH'N WIR MORGEN ERST INS BETT
(CLAIRE & KURT)

von Anne Simmering

Mainfrankentheater Würzburg

Premiere 1. Januar 2011

präsentiert im Rahmen des Kurt Weill Festes 2011

BESETZUNG

Konzept, Gesang, Schauspiel: Anne Simmering

am Klavier und Akkordeon: Harald Rutar

Fotos: Falk von Traubenberg



KRITIK

Hochgefühle aus der Laubenkolonie

Anne Simmering verkuppelt Claire Waldoff und Kurt Weill.


DESSAU/MZ/ALT - Sie fuhr Auto, trat in Männerkleidung auf, liebte eine Frau, durchstreifte mit Heinrich Zille Hinterhöfe, versenkte sich ins Milieu, rauchte exzessiv, berlinerte ungezügelt - obgleich sie aus dem Ruhrpott kam -, deklinierte die kleinen Blessuren der kleinen Leute durch und war so was wie "ein Wappen von de olle Stadt Berlin", schrieb Kurt Tucholsky in „Berolina... Claire Waldoff“. Das Gedicht spricht von der bronzenen Kolossalstatue, die1927 der U-Bahn wegen vom Alexanderplatz genommen wurde. Und Claire ist gleich Berolina.

„Nach meene Beene is ja janz Berlin verrückt", singt Anne Simmering, deren Beine in einer storchbeinfarbenen Strumpfhose stecken. Meistens trägt sie keine Schuhe und immer steht sie unter Strom. Sie ist so herrlich durchgeknallt und geradeaus und hintenrum und unverstellt. „Claire und Kurt“ heißt ihre Revue, die im Brauhaus „Zum Alten Dessauer“ Claire Waldoff und Kurt Weill post mortem ganz vital zusammenführte. Die beiden sollen sich nicht näher gekannt haben, dennoch haben beide dem Puls der Zeit und dem Charakter der Stadt eine unverwechselbare Klangfarbe verpasst.

Auf „Berlin im Licht“ folgt „Was braucht der Berliner, um glücklich zu sein“, auf - „Ein großer Geist blieb in 'ner Hure stecken!" - die „Ballade von der sexuellen Hörigkeit“ folgt - „sie sind wohl n' bisschen ti-te-li-ti" - „Nach meene Beene“. Claire ist mitten im „Milljöh“ und Kurt reflektiert über dasselbe. Claire sang zwar auch im Ausland, brauchte aber diese Stadt, deren Vitalität, deren große Krisen und kleinen Leute. In den 1920erJahren schaffte sie den Sprung von den kleinen Bühnen in die großen Revuen, trat im „Wintergarten“·oder der „Scala“ auf. Sie war verkettet mit dieser „goldenen“ und zugleich anjestoobten Zeit. Die Statue der Berolina wurde im Krieg eingeschmolzen. Claire Waldoff starb 1957 verarmt in Bad Reichenhall.

„Ihre Technik ist unmöglich und unübertragbar“, viele machten sie nach, aber niemand könne ihren Stil erreichen, schrieb Kurt Tucholsky über Claire Waldoff. Wenn Anne Simmering auf der kleinen Bühne im Brauhaus steht, geraten Tucholskys Worte außer Acht. Nie hat man das Gefühl, dass hier irgendeine Kopie irgendetwas abklatscht. Sie kann lupenrein liederlich, leicht pompös, leicht anjestoobt singen und wenn die Partie leicht feinsinnig wird, wie im Tango-Traum „Youkali“, singt sie so zart ohne seicht zu werden. Harald Rutar am Klavier liefert den unentbehrlichen Ruhepunkt, wie ein Priester im Beichtstuhl, dem das gemeine Leben nicht gänzlich unbekannt ist.

Claire und Kurt finden ihre Themen, die Liebe, die Nacht, die Russen. Simmering wird ein Kerl, ein echter russischer, wenn sie die Entstehungsgeschichte der Filetspitzen aus der Eifersucht desgehörnten Stroganoff à la Friedrich Hollaender aufträgt. Kein Ballett jetzt oder doch, kleine Gesten und ein romantisches Tutu, wadenlang und köstlich alles. Die Tomaten essende Tante, die Verwandten, das Püppchen, Walter Kollo, Theo Mackeben oder Otto Reutter: Simmering springt rastlos vom Mädchen zur Matrone, liefert infizierenden Humor, schlagende Offenheit, kaltschnäuzige Sinnlichkeit und jede Menge Lust, Hochgefühle aus der Laubenkolonie und aus anderen Paradiesen.

Mitteldeutsche Zeitung. 08.03.2011

Anne Simmering
Heut gehn wir morgen erst ins Bett

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